Langlaufen lässt lang leben

Immer mehr Menschen fahren auf Langlauf ab. Aber weniger auf das anstrengende «Skaten» an steilen Rampen als auf gemütliches «Cruisen» durch sanfte Winterlandschaften. Das Freizeitvergnügen hat viele positive Effekte – im Speziellen auf die Gesundheit.

«Alles fahrt Schii», sang der Tessiner Schlagerstar Vico Torriani Anfang der 1960er-Jahre auf Schweizerdeutsch, «Schi fahrt die ganzi Nation». Im Lied, das ältere Generationen hierzulande noch im Ohr und auf der Zunge tragen, wurden Pisten und Lifte und ein Nationalsport besungen, das sogenannte «alpine» Skifahren, das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so richtig Fahrt aufnahm.
Im 21. Jahrhundert jedoch bremst nicht nur die Klimaerwärmung den Pistenspass, auch der grosse Aufwand schreckt die Menschen zunehmend vom alpinen Wintersport ab. Trotz immer besserem Material und immer leistungsfähigeren Anlagen sinkt das Interesse kontinuierlich.
«Langläufer leben länger», lautete in der Blüte des Skisports demgegenüber der Slogan der anderen Wintersportdisziplin auf schmalen Latten. Einen Schlager dazu gab es allerdings nicht, vielmehr hatte die Sportart lange Zeit einen etwas strengen Beigeschmack. Ähnlich wie beim Wandern haben sich die Vorzeichen im 21. Jahrhundert jedoch verändert.
Inzwischen gelte es als «cool, Langlauf zu machen», bestätigt Gary Furrer, Leiter Breitensport beim Dachverband SwissSki. Zum einen sei da der Trend zur Entschleunigung, der Drang, nach draussen und weg vom Rummel, der zum Langlaufen passe, erläutert Furrer. Zum anderen habe sich herumgesprochen, dass Langlaufen nicht so schwierig und nicht unbedingt anstrengend ist. Insofern sei das Wintersportvergnügen ideal für Jung und Alt, Sportliche und Unsportliche.
Dass länger lebt, wer dem Langlaufen frönt, ist zudem mehr als nur ein Slogan: Sowohl beim sportlichen «Skaten» in gleitenden Schlittschuhschritten als auch beim «Cruisen», dem Skiwandern, kommt praktisch der gesamte Bewegungsapparat in die Gänge. Überdies sind die Risiken beim Langlaufen gering, zumal das Tempo eher bescheiden und allfällige Stürze dank Schnee und geringer Fallhöhe selten gravierende Folgen haben.
Aber nicht nur Muskeln und Gelenke, sondern auch Herz und Kreislauf profitieren vom Langlaufen, das als Sportart vor allem Ausdauer und Schnellkraft fördert und fordert. So wenig Sprint oder Marathon mit Spazieren oder Wandern zu tun haben, so wenig ist Langlaufen gleich Leistungs- oder Spitzensport. Auf den mehr als 5000 Kilometern Loipen, die in der winterlichen Schweiz von Adelboden bis Zweisimmen und von Müstair bis La Brévine jeweils präpariert werden, sind denn auch nur zu einem geringen Teil ambitionierte Sportlerinnen und Sportler unterwegs.

“Langlaufen ist am Puls der Zeit.“

Vielmehr tummeln sich immer mehr Geniesserinnen und Geniesser auf den Langlaufpisten: Das «Cruisen» ähnelt dem natürlichen Bewegungsablauf beim Gehen und ist entsprechend einfach zu lernen. An den Startplätzen steht fast flächendeckend Mietmaterial zur Verfügung und nicht zuletzt kostet die Benützung der Loipen wenig.
Die Tourismusorganisationen und Schneesportschulen, aber auch der Sporthandel verzeichneten beim Langlaufen jährliche Zuwachsraten von zehn bis zwanzig Prozent. Ebenfalls stark zugenommen hat das Interesse der Jugend, Bannerträger ist hier der mehrfache Olympiasieger und Weltmeister Dario Cologna aus Graubünden.
In den letzten Jahren haben rund 80’000 Kinder und Jugendliche im Rahmen der «Dario Cologna Fun Parcours» Gratislektionen mit zur Verfügung gestelltem Material absolviert. Fehlt eigentlich nur noch ein Schlager – oder ein Hip-Hop-Song im Takt der Zeit und der Langlaufschritte.

Autor: Peter Grunder

Mitnehmen und beachten

Wer mit Langlaufen beginnt, kann dies alleine tun, sollte aber abschüssiges Gelände meiden und ist gut beraten, Einzellektionen oder einen Kurs zu belegen. Als Gepäck ist ein kleiner Wanderrucksack ideal: Hinein gehören von Handschuhen bis zu Jacken funktionelle Kleidungsstücke, die in Schichten an- und ausgezogen werden – je nach Wetter, Temperatur und Anstrengung. Hinein gehören aber auch ein paar Artikel aus dem Küchen- und vor allem aus dem Apothekerschrank: Sonnenschutz und Lippenbalsam sind ein Muss, eine Hautcreme und Traubenzucker können nicht schaden. Nicht zu vergessen schliesslich genügend Flüssigkeit und ein gesunder, energiereicher Snack.