Über die letzten hundert Jahre hat sich die Anzahl Menschen, die an einer Allergie leiden, vervielfacht. Bei Kindern gehören allergische Erkrankungen heute zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden.
Hat sie Heuschnupfen oder ist die fünfjährige Sarah nur erkältet? Schreit das Baby, weil es noch Hunger hat oder verträgt es die Milch nicht? Bei Kindern ist es nicht immer einfach, Symptome richtig zu deuten. Sonja Hartmann, Expertin von aha! Allergiezentrum Schweiz, klärt über das Thema Allergien bei Kindern auf.
Die auftretenden Allergien variieren je nach Lebensabschnitt. Im Säuglingsalter dominieren Nahrungsmittelallergien – vor allem auf Kuhmilch, Hühnerei, Weizen, Erdnüsse oder Nüsse. Diese können neben Juckreiz im Mundbereich oder Magendarmbeschwerden sogar einen lebensbedrohlichen allergischen Schock hervorrufen. Vom Kindes- bis ins Schulalter entwickeln sich als Reaktion auf Pollen, Hausstaubmilben oder Tiere häufig Atemwegsallergien, die sich als entzündete Augen, Fliessschnupfen und Atembeschwerden bemerkbar machen. Ausserdem leidet eines von fünf Kindern in der Schweiz an atopischer Dermatitis (Neurodermitis). Das ist zwar keine Allergie, aber «die Wahrscheinlichkeit, dass ein betroffenes Kind auch an Allergien leidet, ist erhöht», so Sonja Hartmann. Allergische Krankheiten verlaufen oft nach einem Muster. «Bei dieser Allergiekarriere folgt auf eine Nahrungsmittelallergie und eine atopische Dermatitis im Säuglingsalter Asthma, woraus sich im Schulalter Heuschnupfen entwickeln kann», erklärt Sonja Hartmann.
Allergien können aber auch wieder verschwinden: Zum Beispiel wachsen rund 80 Prozent der Kinder aus einer Milcheiweissallergie heraus, sobald der Darm vollständig entwickelt ist. Auf Heilung warten sollte man jedoch nicht. Sonja Hartmann rät: «Bei einem Allergieverdacht den Kinderarzt aufsuchen, der bei Bedarf an eine Allergologin verweist.» Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig, um die richtige Therapie einzuleiten. Am effektivsten ist es, den Kontakt mit den Auslösern zu vermeiden. «Bei Nahrungsmittelallergien ist dies oft die einzig wirksame Massnahme», betont die Expertin. Reagiert das Kind auf Hausstaubmilben, können milbenallergendichte Überzüge für Matratzen helfen, bei Heuschnupfen Pollengitter vor dem Fenster. Sonja Hartmann verweist auf Tipps auf der Webseite von aha! Allergiezentrum Schweiz: www.aha.ch. Um die Symptome einer Tier-, Hausstaubmilben- oder Pollenallergie in den Griff zu bekommen, reichen meist Antiallergika aus, allenfalls in Kombination mit Kortisonpräparaten. Je nach Allergie hilft eine Desensibilisierung (spezifische Immuntherapie), um die Beschwerden zu verringern oder gar loszuwerden.
“Allergieprävention beim Kind beginnt ab der Geburt.“
Leidet ein Elternteil an einer allergischen Erkrankung, beträgt das Risiko für das Kind 30 Prozent, ebenfalls eine Allergie zu entwickeln und sogar 60 Prozent, wenn beide Elternteile betroffen sind. Nebst den Genen haben auch Umwelt und Lebensstil einen Einfluss. Genau hier setzt die Allergieprävention an – schon vor der Geburt. «Die werdende Mutter sollte sich abwechslungsreich und ausgewogen ernähren», so die Expertin. Rauchen, auch Passivrauchen, kann allergische Erkrankungen fördern. Muttermilch schützt vor Allergien, weil in ihr enthaltene Allergene das kindliche Immunsystem unterstützen, eine Toleranz zu entwickeln. «Wir empfehlen, während den ersten vier Monaten ausschliesslich zu stillen», sagt Sonja Hartmann. Ab dem fünften Monat kann schrittweise Beikost eingeführt werden. Es gilt dabei: Je mehr verschiedene Nahrungsmittel ein Kind kennenlernt, desto geringer ist das Risiko einer Allergie.
Legende:
Sonja Hartmann aha! Allergiezentrum Schweiz.