Die Kraft der Gedanken

Achtsamkeit und Meditation sind eng miteinander verbunden und wirksame Strategien zur Stressreduktion. Erfahren Sie, was die Unterschiede sind und wie Sie diesen anhaltenden Trend für Ihr Wohlbefinden nutzen können.

Spätestens seit der digitalen Dauererreichbarkeit prägt keiner den westlichen Lebensstil so wie er: negativer Stress (Distress). Wer ihm aufgrund von Sorgen, Not, Angst, Trauer oder hoher beruflicher oder privater Belastung über längere Zeit ausgesetzt ist, riskiert krank zu werden.

Achtsamkeitstraining wirkt stressreduzierend.

Das können psychische Erkrankungen wie ein Burnout-Syndrom, eine Depression oder Panikattacken, aber auch Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Erkrankungen, Diabetes, Tinnitus, Infektionen, Muskelverspannungen, Hautkrankheiten und mehr sein. Krankheiten wiederum lösen ebenfalls Stress aus, was die Krankheit weiter verschlimmert. Es gibt also für Gesunde wie für Kranke gute Gründe, Strategien zur Stressbewältigung zu erlernen. Eine nachweislich Wirksame ist Mindfulness Based Stress Reduction, kurz MBSR, die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion. Auf der Grundlage der buddhistischen Achtsamkeitsmeditation, jedoch ohne spirituellen Bezug und unter Einbezug von psycho­therapeutischen Ansätzen, wurde MBSR in den 1970er-Jahren vom amerikanischen Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn entwickelt.

Wahrnehmen, was ist

Seither fluten Bücher, Kurse, Apps & Co. den Markt mit Achtsamkeitsangeboten. Nicht alle sind seriös und oft werden die Begriffe Achtsamkeit und Medi­tation als Synonyme verwendet. Zwar haben beide ihren Ursprung im Buddhismus, gehen auf Jahrtausende zurück und sind eng miteinander verknüpft, aber sie unterscheiden sich wesentlich. Achtsamkeit bedeutet, den Augenblick bewusst wahrzunehmen, dabei Gedanken, Körperempfindungen und Sinneseindrücke zu beobachten und anzunehmen, ohne diese zu bewerten. Der Mensch neigt dazu, zu viel zu grübeln und dadurch die Freude am Hier und Jetzt zu verlieren. Achtsamkeit hilft ihm dabei, den negativen Gedanken zu entkommen, die Stimmung zu heben und das Wohlbefinden zu steigern. Achtsamkeit lässt sich jederzeit und überall praktizieren, sie verlangt weder nach einem Ritual, noch nach einer ruhigen Umgebung. Der Alltag bietet zahlreiche Übungsmöglichkeiten. Achten Sie beim Duschen auf das warme Wasser auf Ihrem Körper, statt darüber nachzudenken, was Sie anziehen sollen. Nehmen Sie auf Ihrem Weg zur Arbeit ganz bewusst die Umgebungsgeräusche wahr, statt über das bevorstehende Gespräch mit der Vorgesetzten zu grübeln. Widmen Sie sich beim Znüni ganz dem Geschmack, der Konsistenz, der Haptik des Apfels, den Sie gerade essen. Kurz: tun Sie immer nur eine Sache und schenken Sie ihr Ihre ganze Aufmerksamkeit. Beim achtwöchigen MBSR erlernen Sie unter professioneller Anleitung weitere Achtsamkeitsübungen basierend auf Yoga und Meditation.

Gedanken lenken

Apropos Meditation. Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für Konzentrationstechniken. Je nach Art – und davon gibt es fast so viele, wie Menschen auf der Erde – werden die Gedanken auf ein anderes Objekt des Denkens, der Wahrnehmung oder der Vorstellung gelenkt. Ob Sitzmeditation, Gehmeditation oder eine spirituelle Art wie das Mantra-Singen – Meditation schult die Konzentration und das Loslassen. Durch regelmässiges Meditieren profitieren Körper und Geist von Ruhe und Entspannung, man wird gelassener und verbessert die Konzentrationsfähigkeit. Je nach Meditationsart stehen weitere Ziele im Fokus. Bei der Achtsamkeitsmeditation, die auch beim MBSR praktiziert wird, geht es darum, die Fähigkeit der Achtsamkeit zu entwickeln. Geschult werden dabei Gleichmut, Klarheit und Konzentration.

Ein Go seitens Wissenschaft

Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass Achtsamkeitsmeditation die Aufmerksamkeit erhöhen, die Stimmung verbessern sowie Angst und Stress reduzieren kann. Auch bei chronischen Schmerzen oder Angstzuständen scheint Meditation zu wirken. Der Effekt ist allerdings nicht bei allen gleich und auch nicht stärker oder besser als bei anderen Ansätzen, wie es die Verhaltenstherapie oder Medikamente sind. Die Meditation erweitert das bestehende Therapieangebot jedoch um eine kostengünstige und nebenwirkungsarme Methode.

Suzana Cubranovic

 Tipps Meditation

  • Wer sich nicht gleich für das achtwöchige Achtsamkeitsprogramm MBSR, anmelden will, kann eine der zahlreichen Apps wie «Calm» oder «Headspace» ausprobieren.
  • Der MBSR-Verband (www.mindfulness.swiss) sowie viele Spitäler bieten auf ihren Websites angeleitete Meditationen wie die Atem­beobachtung oder den Body Scan an.
  • Planen Sie Ihre Meditation fix und täglich in Ihre Agenda ein. Wählen Sie dazu einen ruhigen Ort aus.
  • Erwarten Sie anfangs nicht zu viel und haben Sie Geduld. Es ist normal, dass Gedanken immer wieder abschweifen. Lenken Sie sie wieder zurück.
  • Falls Sie sich für MBSR entscheiden, fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach, bei welchen Anbietern in Ihrer Region eine allfällige
    (Teil-)Erstattung der Kosten gewährt wird.