Wohl jeder kennt ihn – den Muskelkater. Doch woher kommen die Schmerzen eigentlich und was kann man dagegen unternehmen? Wir verraten Ihnen ausserdem, ob der Muskelkater etwas mit dem beliebtesten Haustier der Schweiz zu tun hat.
Kaum ist das erste Outdoor-Workout im Frühling geschafft, schlägt der Muskelkater zu. Gerade fühlte man sich noch grossartig und zwölf bis 24 Stunden später tut einem alles weh. Die Anatomie des menschlichen Körpers zeigt, warum Muskelkater nicht sofort, sondern verzögert auftritt. Ein Muskel besteht aus Muskelfasern, die hunderte Muskelfibrillen mit noch kleineren Baueinheiten, den Sarkomeren, beinhalten. Die Sarkomere können sich zusammenziehen und ausdehnen und ermöglichen dadurch Bewegung.
Bei Überlastung können die Verbindungen zwischen den Sarkomeren, die sogenannten Z-Scheiben, minimal einreissen. Da die Schmerzrezeptoren ausserhalb des Muskels im Bindegewebe liegen, merkt man das aber nicht. Der Leiter der Sportklinik Bern, Jörg P. Dünkel, erklärt: «Erst die entzündliche Reaktion des Körpers auf die Mikroverletzungen nehmen wir wahr, also wenn sich Flüssigkeit einlagert, Immunzellen einwandern und Proteine abgebaut werden.» In der Folge treten Schmerzen, Druckempfindlichkeit, eingeschränkte Beweglichkeit und Kraftverlust auf. Längst widerlegt ist, dass Muskelkater durch eine übermässige Ansammlung von Laktat, das Stoffwechselprodukt Milchsäure, verursacht wird. «Laktat, das beim Sport entsteht, ist nach einer Stunde wieder abgebaut», sagt der Sportarzt. Muskelkater plagt aber erst später: Er ist nach ein bis drei Tagen am stärksten und hält bis zu einer Woche an.
Krafttraining, Tennis, Fussball, Unihockey: Häufig sorgen Sportarten mit ruckartigen Bewegungen für Muskelkater. Der Grund sind exzentrische Belastungen: «Bei exzentrischen Bewegungen werden die Muskeln während der Kontraktion gedehnt, gleichzeitig bremst der Körper ab. Durch diese Spannungsspitzen in den Muskeln können winzige Verletzungen entstehen», sagt Jörg P. Dünkel. Diese Form der Bewegung zeigt sich etwa bei steilen Bergwanderungen ins Tal. Natürlich kommt es auch darauf an, wie trainiert jemand ist. Wer länger keinen Sport getrieben hat und übermütig 50 Sit-ups macht, wird am nächsten Tag vermutlich leiden.
Muskelkater ist harmlos. Dennoch braucht die betroffene Muskulatur Erholung für die Reparatur der Mikroverletzungen. Lockere Bewegungsübungen fördern die Heilung, ebenso Wärme, die für Durchblutung und den Abtransport der Stoffwechselprodukte aus der Entzündung sorgt. «Von kräftigem Dehnen und Massieren raten wir ab, da dies die Mikroverletzungen verschlimmern kann», so Jörg P. Dünkel. Kälteanwendungen haben sich nicht als wirksam erwiesen. Dafür kann eiweisshaltiges Essen die Regeneration der Muskeln unterstützen. «Bei sehr starken Beschwerden bringen kurzzeitig Schmerzmittel Linderung», sagt der Sportarzt.
«Wir spüren die Entzündung durch Mikroverletzungen.» Jörg P. Dünkel
Mit diesen Tipps kommt man ohne Muskelkater über die (Jogging-)Runde: Sportliche Aktivität langsam angehen und die Muskeln an die Belastung gewöhnen, gerade nach langer Pause. Regelmässig trainieren, davor gründlich aufwärmen und die Belastung stufenweise steigern. Ein kleiner Trost ist, dass auch Profisportlerinnen und -sportler betroffen sein können – etwa, wenn sie neue Bewegungsabläufe üben oder nach Wettkämpfen, wie Jörg P. Dünkel bestätigt, der auch Teamarzt des Sportvereins Berner Young Boys ist.
Auch ohne Sport können Muskeln schmerzen, bei Jugendlichen kann etwa das Wachstum ein Ziehen in den Beinen verursachen. Ebenfalls können Cholesterinsenker leichte Schmerzen und Krämpfe verursachen. Treten bei der Einnahme von Medikamenten Beschwerden auf, wenden Sie sich an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.
Bettina Jakob
Der Begriff «Muskelkater» hat nichts mit dem beliebten Haustier zu tun, sondern ist eine Eindeutschung des Wortes «Katarrh», was eine Entzündung der Schleimhäute oder Erkältung bezeichnet. Um die Reparatur der Mikroverletzungen bei «Muskelkatarrh» zu unterstützen, bietet die Apotheke durchblutungsfördernde Arzneimittel mit natürlichen Wirkstoffen wie Arnika, Campher, Pfefferminze, Eukalyptus, Lavendel, Rosmarin oder Fichtennadeln. Sie können als Öle im Entspannungsbad eingesetzt werden oder in Form eines Gels oder einer Creme auf die betroffenen Stellen aufgetragen werden. Franzbranntwein hilft ebenfalls bei muskulären Problemen. Capsaicin, der Scharfstoff im Cayennepfeffer, wirkt auf der Haut schmerzstillend, entzündungshemmend und ist als Pflaster oder Salbe erhältlich. Beachten Sie dabei mögliche Allergien und lassen Sie sich in der Apotheke dazu beraten.